Kann ich mich irren? Selbstverständlich. Schon mehr als einmal verfolgte ich als Redakteur eine Geldwäsche-Spur, die sich nach wochenlanger Recherche als falsch entpuppte.
Manchmal stößt man auf Protagonisten, die bis zur Halskrause im Geldwäsche-Geschäft stecken, dies seit Jahren, und es trotzdem geschafft haben, sich eine Reputation aufzubauen und mit ehrbaren Menschen zu umgeben, die aber offensichtlich bei ihren Mandaten nicht so genau hinschauen – oder aber gar nichts von ihrem Glück wissen.
Bei der Recherche zum Jordanier Nael Al-Khleifat erging es mir so: Kann das alles wahr sein?
Sie haben seinen Namen noch nie gehört? Dann halten Sie sich fest, wenn Sie nur schon seine Kurzbiographie lesen.
“Gründer und CEO von Tally International Holdings, Inc. und Prudence Consulting Group, Ltd. sowie MD Titanium Capital LLC. Dr. Khleifat sitzt im Vorstand mehrerer Unternehmen, internationaler NGOs und nationaler Ausschüsse für Governance, Planung und Strategien. Er ist versiert in Finanzangelegenheiten, internationalem Wirtschaftsrecht, Projektmanagement und -umsetzung sowie kreativen Strategien.”
Diese Bio findet sich auf der Homepage der “American University of Europe” mit Sitz in Fujairah, Vereinigte Arabische Emirate. Dort sitzt Al-Khleifat im Kuratorium, wo sich auch weitere illustre Namen finden:
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Prof. Dr. Werner Arber, Schweizer Nobelpreisträger, emeritierter Professor an der Universität Basel
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Oscar Arias Sanchez, Friedensnobelpreisträger, ehemaliger Präsident von Costa Rica
- Enrique Baron Crespo, ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments und ehemaliger Minister der spanischen Regierung
- Otaviano Canuto dos Santos Filho, geschäftsführender Direktor im Exekutivdirektorium der Weltbankgruppe, ehemaliger Exekutivdirektor des Internationalen Währungsfonds
- Ramiro Cercos, ehemaliger Minister für öffentliche Arbeiten von Spanien
Und so geht es endlos weiter. Eine Berühmtheit nach der anderen, selbst Nelson Mandela taucht auf, kurz: Es entsteht der Eindruck, als ob Gott und die Welt sich hinter dieser Universität scharen.
Merkwürdig nur, dass die Schule mal eine Adresse in den Vereinigten Arabischen Emiraten angibt, das nächste Mal eine in New York, und auch die Tatsache, dass die zwei Homepages der Universität aussehen, als seien sie von jemandem zusammengebastelt, der zum ersten Mal in seinem Leben staunend vor dem Computer sitzt: Geschenkt! Es ist die Zeit der Superlative angesichts der illustren Namen darf hier nicht gezweifelt werden.
Oder vielleicht doch?
Schauen wir uns doch mal das weltumspannende Firmenimperium des Nael Al-Khleifat an. Da gibt es die “Gain Global Group, Ltd.”, eine Firma, die Al-Khleifat vergessen hat, in seiner Uni-Bio anzugeben. An anderer Stelle schreibt er, dass er diese Firma gegründet habe und ihr CEO sei. Auf ihrer Homepage prahlte die Firma, dass sie aus einer Gruppe von Fachleuten und Visionären bestünde, die ein gemeinsames Ziel verfolgten: die Schaffung von Werten mit Integrität, Gewissenhaftigkeit und Leidenschaft für hervorragende Leistungen.
Faktencheck: Ja. Diese Firma gab es. Sie wurde am 13. Januar 2021 in London von Suleiman Al-Khleifat gegründet, der damals in der Türkei wohnte. Die Firma hatte ein stolzes Aktienkapital: 1 Britisches Pfund! Und die einzige Aktie gehörte dem Jordanier Ihsan Al-Khleifat. Tatsache ist auch: Schon knapp ein Jahr nach ihrer Gründung wurde die Firma aufgelöst, die Homepage verschwand. Fazit: Nur heiße Luft.
Aber dann gibt es doch die “Tally Holding”! Genauer: “Tally International Holdings, Inc.”. Khleifat wiederholt zu dieser Klitsche, was er schon bei der “Gain” fabulierte: “Tally International Holdings, Inc. wurde 1994 im US–Bundesstaat Delaware von einer Gruppe von Fachleuten und Visionären gegründet, die ein gemeinsames Ziel verfolgten: den Aufbau von Werten mit Integrität, Gewissenhaftigkeit und Leidenschaft für hervorragende Leistungen.”
Faktencheck: Die Firma wurde tatsächlich 1994 in Delaware gegründet. Gemäss LinkedIn hat sie eine einzige Mitarbeiterin – wahrscheinlich ist die Sekretärin jener Treuhandfirma gemeint, welche für “Tally” das Telefon abnimmt und keine Ahnung von den Aktivitäten der Firma hat. Die Firma hat keine Homepage, keine Aktivitäten, nichts. Auch hier: Nix außer heißer Luft.
Zum Glück gibt es eine weitere Firma, welche Al-Khleifat vergessen hat zu erwähnen: Die “Titanium Capital LLC”. Und zu der heisst es auf der Firmenhomepage:
“Titanium Capital LLC ist eine Tochtergesellschaft von Titanium Capital PTE, einer Multi-Channel-Investment- und Finanzgruppe mit einer nachgewiesenen Erfolgsbilanz.
Die Erfolgsgeschichte des Fonds Titanium Capital LLC begann mit einem verwalteten Vermögen von über 20 Mio. USD und wuchs weiter. Titanium Capital PTE verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Entwicklung und Verwaltung von leistungsstarken Anlageprodukten, die sicher und für mittel- bis langfristige Anlagen konzipiert sind.
Titanium Capital PTE ist Teil einer milliardenschweren Holdinggesellschaft, die Investitions- und Finanzierungsstrukturen für eine Reihe von Branchen anbietet, darunter Infrastruktur, Krankenhäuser und Energieprojekte, um nur einige zu nennen. Die unternehmensübergreifende Eigentümerschaft gibt dem Investor Sicherheit und Gewissheit über seine Investition.
Gründer der Firma sei ein Dr. Henry Abdo, Al-Khleifa amte als Chief Strategy Officer der “Titanium Capital Group”. Im Beratungsausschuss finden sich dann all jene illustren Namen, die auch schon bei der merkwürdigen Uni zu finden waren: Politiker, Nobelpreisträger, würdige Personen aus der ganzen Welt.
Im Internet wirds dann unübersichtlich:
- Die “Titanium Capital Pte Ltd.” betreibt eine Homepage, auf welcher zahllose Infrastruktur-Projekte aufgelistet sind, welche die Firma realisiert habe. Ein Großteil davon in Neapel, Italien. Nael Al-Khleifat wird als für Jordanien zuständig aufgelistet.
- Die Tochtergesellschaft “Titanium Capital LLC” taucht gleich mit zwei total unterschiedlichen Homepages auf.
- Auf einer Seite preist sich die Firma für die Einrichtung von Kreditkarten-Zahlungen an: “Kreditkartenverarbeitung online, persönlich oder über Ihr mobiles Gerät.” Was die Firma genau macht? Das wird nicht kommuniziert. Man solle sich einfach mal kurz bei Henry Abdo melden. Der berate einen dann, wenn man zum Beispiel seine Hypothek nicht mehr zahlen könne.
- Auf einer weiteren Seite preist diese winzige, windige Finanzbude ihren eigenen Investment-Fonds an und verspricht jährliche Renditen von 15%. Mit Rückzahlungsgarantie.
Faktencheck: Die Titanium Capital LLC wurde tatsächlich am 8. Januar 2014 von Henry Abdo in Florida gegründet. Neben ihm ist die Treuhänderin Sharon Hyder im Firmenregister aufgelistet.
Die Muttergesellschaft der “Titanium Capital LLC”, die “Titanium Capital Pte Ltd” mit Sitz auf den British Virgin Islands taucht in den Offshore-Leaks auf. Abdo, damals wohnhaft in Kuwait, hatte die Firma gegründet.
Doch nicht nur die beiden Firmen, auch den Investment-Fonds gibt es. Der ist sogar seit 2015 bei der SEC registriert.
Im Klartext: Die Mutterfirma auf den British Virgin Islands baut irgendwelche Infrastrukturprojekte. Die Tochtergesellschaft macht Schuldenberatung und betreibt einen Investment-Fonds mit garantierten 25% Profit.
Wer jetzt vor Schreck noch nicht im Kreis hüpft, darf sich entspannt zurücklehnen und die Fakten zur nächsten Al-Khleifat-Firma lesen: Prudence Consulting Group, Ltd. Sie wurde schon weitere oben kurz in Al-Khleifats Biographie erwähnt.
Die Prudence Consulting Group LTD wurde im Jahr 2000 von einer Gruppe von Fachleuten und Visionären gegründet, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: mit Integrität, Gewissenhaftigkeit und Leidenschaft für hervorragende Leistungen Werte zu schaffen.
Prudence ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Tally International Holdings, Inc, einem 1994 in den USA unter der Nummer 2404281 gegründeten Unternehmen, das verschiedene Aufgaben in Europa, Afrika, Asien, dem Nahen Osten und darüber hinaus wahrnimmt.
So plärrt es einem von der Homepage entgegen, die – leider, leider – nach Beginn meiner Recherche vom Netz verschwunden ist. Archive.org sei Dank kann man sie heute trotzdem noch finden.
Weiter heißt es auf der Homepage:
Im Laufe der Jahre hat PRUDENCE hervorragende Beziehungen zu Finanzinstituten, multinationalen Konzernen, Think Tanks, NRO und lokalen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen aufgebaut.
Die Partner – drei an der Zahl – werden sogleich im Bild vorgestellt:![](http://waschsalon.codes/wp-content/uploads/2023/07/56FAOk-300x105.png)
Und weil man schließlich international ausgerichtet ist, kann man Adressen in London, Zürich und Nordkorea präsentieren.
Also, machen wir uns auf zum Faktencheck!
Wie schon die “Gain Global Group, Ltd.” wurde die “Prudence Consulting Group” mit einem Aktienkapital von einem britischen Pfund gegründet. Allerdings nicht im Jahr 2000, sondern 2020. Und wie die “Gain” gründete Suleiman Al-Khleifat die Firma, die einzige Aktie gehörte dem Jordanier Ihsan Al-Khleifat. Etwas mehr als ein Jahr nach ihrer Gründung wurde die Firma aufgelöst.
Dann die Adressen: In Zürich soll die Firma angeblich im mondänen Prime Tower residieren. Falls dem so wäre: Es lässt sich dort keine Spur finden, niemand kennt die Klitsche.
Noch lustiger wird es, wenn man die Partnerschaften der “Prudence Consulting” näher betrachtet.
Dalipi Holding:
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Vor dieser Firma warnt die Schweizer Finanzmarktaufsicht auf ihrer Warnliste, da sie keinen Handelsregister-Eintrag besitze. Kurz: Sie existiert nicht. Eine Adresse, die sie mal angibt, führt zum Züricher Prime-Tower, wo auch die “Prudence Consulting” angeblich eine Niederlassung habe. Eine andere Adresse führt nach Dubai, zudem wird auf der Homepage von einem Firmensitz in Zug geschwafelt – alles Lüge.
SDDC Swiss Diamond Dealers Club:
![](http://waschsalon.codes/wp-content/uploads/2023/07/83418702_3110531632362371_6130342136918814136_n-300x251.png)
Den “SDDC Swiss Diamond Dealers Club” – wer hätte es geahnt – gibt es nicht, weder als eingetragene Firma noch als Verein. Lediglich auf Twitter und Instagram war dieser “Club” aktiv. Immerhin konnte von Geschädigten eine Adresse ausfindig gemacht werden: Leutschenbachstrasse 95 in Zürich. Deutsche Verbraucherschützer warnen: “Die Leutschenbachstrasse 95 ist eine bekannte Adresse, die in der Vergangenheit oft missbraucht wurde.” Kein Wunder. Denn es wird noch schöner…
Trade Block London:
![](http://waschsalon.codes/wp-content/uploads/2023/07/104169734_3110531522362382_4328227583003771851_n-300x251.png)
Hier haben wir ein deja vu: Wie bei der Dalipi Holding warnt die Schweizer Finanzmarktaufsicht vor dieser Firma, die ihren Sitz in London hat. Kein Wunder. Denn die “Trade Block London” ist weder eine Crypto-Bank noch eine Firma, der man auch nur einen einzigen Cent anvertrauen sollte.
Firmengründer: Ram Dalipi, der mal vorgibt, in Dubai zu leben, mal sonst irgendwo im nordafrikanischen Raum. Die einzige tatsächlich existierende Adresse für ihn, die ich finden konnte: Florastrasse im französischsprachigen Teil der Schweiz, in Bienne. Immerhin wissen wir jetzt, wer die ominöse “Dalipi Holding” sein soll: Der Betrüger Ram Dalipi.
Die „Trade Block London“ – ihre Homepage ist nicht mehr zugänglich – wollte einen Bitcoin-Handelsplatz eröffnen. Einer ihrer Partner war, wen erstaunt es, der „Swiss Diamond Dealers Club“, den es nicht gibt. Ein anderer Partner: „Prudence Consulting“. Über ihre Homepage wollte TBL ebenso Diamanten verkaufen wie Luxuskarossen, Liegenschaften, schlicht alles, was sich zu Geld machen lässt. Potentielle Käufer sollten in Bitcoin zahlen.
Zumindest im Diamantenbusiness scheint Ram Dalipi seit Jahren tätig und berüchtigt zu sein. Ehemalige Geschäftspartner kommentieren sein Verhalten so:
- “Macht nichts außer Lügen.”
- “Ein professioneller Lügner und Betrüger.”
- “Er betrog mich um drei Monate Mietkaution. Ein Betrüger.”
- “Er kann nichts und hat nichts, außer das Geld vom Sozialamt hier in Biel! Mietbetrug, und Sachbeschädigung.”
Er soll überaus gewalttätig sein und ab und an auch mal mit Fäusten statt Worten sprechen.
Fazit: Jedes einzelne Geschäft von Naem Al-Khleifat stinkt nach Betrug und Geldwäsche. Wer auch nur in seine Nähe kommt, sollte sein Geld in die Hand nehmen und so schnell davon rennen als möglich.
Oder vielleicht doch nicht?
Denn da gibt es noch eine andere US-kanadische Firma, die er repräsentiert: “Advanced Warning Systems”. Dahinter steckt Jacques Bouchard, der behauptet, mit AWS eine revolutionäre Scan-Technik für Schiffe und Landfahrzeuge anzubieten, die führend in der Terrorbekämpfung sei. Eine Firma also, die sich voll und ganz der Sicherheit verschrieben hat.
Denkt man.
Bis man anfängt über Bouchard zu lesen. Weil es so vergnüglich ist, hier eine Zusammenfassung eines Artikels, welcher in der kanadischen Zeitung “National Post” erschienen ist. Die Vergangenheit, so scheint es, wiederholt sich:
Vielleicht handelt es sich wirklich um eine “weltverändernde Technologie“, mit der Terroranschläge vereitelt werden können. Vielleicht zieht sie wirklich die Aufmerksamkeit afrikanischer Regierungen und des saudischen Königshauses auf sich – und möglicherweise Hunderte von Millionen Dollar -, wie einige Leute hinter dem Privatunternehmen behaupten.
Das in Memphis, Tennessee, ansässige Unternehmen Container Scan Holdings LLC hat die Vermarktungsrechte für ein System, das nach eigenen Angaben große Schiffscontainer in Sekundenschnelle auf Sprengstoffe und andere gefährliche Stoffe untersuchen kann. Dieses in puncto Raffinesse und Effizienz unübertroffene Scangerät könnte die Sicherheit in See- und Landhäfen verbessern – so wird es zumindest angepriesen.
Vielleicht ist es nur ein Hype. Container Scan wurde von einem Anwalt aus Memphis gegründet, der wegen seiner Rolle in einem nicht damit zusammenhängenden 10-Millionen-Dollar-Ponzi-Schema ins Bundesgefängnis geschickt wurde, und wird von ihm hinter den Kulissen verwaltet. Zu den größten Investoren und Anhängern des Unternehmens gehört ein Arzt für Haartransplantationen aus Arkansas, der behauptet, mit der saudi-arabischen Königsfamilie “an der Spitze” eng verbunden zu sein.
Und bis vor kurzem – bevor die Klagen und bitteren Anschuldigungen aufkamen – war der Anwalt Jacques Bouchard Jr. aus Montreal der wichtigste Förderer und Berater des Unternehmens.
Bouchard, der in kanadischen Juristenkreisen für seine Beziehungen zu Despoten aus der Dritten Welt und zum ehemaligen Premierminister Jean Chrétien berüchtigt ist, geriet erstmals vor fünf Jahren in die Schlagzeilen, als die National Post enthüllte, dass er im Namen eines Lobbyisten aus Montreal einen Vertrag unterzeichnet hatte, in dem er versprach, “mindestens” ein Dutzend russische Kampfhubschrauber in die vom Krieg zerrissene Zentralafrikanische Republik zu liefern.
Insidern zufolge trug dies zu einer Vertrauenskrise in der renommierten Anwaltskanzlei Heenan Blaikie bei, in der Bouchard und Chrétien mehrere Jahre lang zusammenarbeiteten. Vor zwei Jahren sagte Bouchard, er habe von den Seniorpartnern der Kanzlei die offizielle Genehmigung erhalten, an “Möglichkeiten mit der Russischen Föderation und einigen afrikanischen Ländern” zu arbeiten, und er habe einfach “ihre Anweisungen befolgt”. Die Kanzlei mit 500 Anwälten und Niederlassungen in ganz Kanada wurde 2014 inmitten von Streitigkeiten und finanziellen Schwierigkeiten aufgelöst.
Chrétien wechselte zu einer neuen Firma, während Bouchard sich bereits mit der obskuren und geheimnisvollen Firma Container Scan zusammengetan hatte, wo er als vertraglich verpflichteter “Berater für internationale Entwicklung” tätig war. Manchmal – zum Beispiel in angeblichen Verträgen und in Briefen an Investoren – bezeichnete er sich als Geschäftsführer des Unternehmens.
Wie auch immer sein Titel lautete, Bouchards Rolle war klar: Er sollte ausgiebig reisen und seine Kontakte im Ausland nutzen, um Kunden und Investitionen für das Unternehmen zu gewinnen. Von Ende 2013 bis vor ein paar Wochen erhielt er jeden Monat 25.000 Dollar plus Spesen.
Laut einer Klage, die am 2. März 2016 beim Tennessee Chancery Court eingereicht wurde, lieferte Bouchard kaum mehr als “Halbheiten, Ausreden und Ephemera”. In der Klage, die von einem Container-Scan-Direktor und Investor namens Daniel Pool eingereicht wurde, wird Bouchard außerdem beschuldigt, das Unternehmen betrogen und versucht zu haben, dessen Vermarktungsrechte für das Container-Scanning-System zu “stehlen”.
Er habe “wissentlich gefälschte Dokumente verwendet, um sich Geschäftsmöglichkeiten mit ausländischen Beamten zu sichern“, heißt es in den Anschuldigungen, die vor Gericht nicht bewiesen wurden und die Bouchard bestreitet.
Was aber niemand bestreitet: Vor fünf Monaten, vor der Klage und den Turbulenzen, begrüßte Bouchard eine illustre neue Person im “Beirat” des Unternehmens – den ehemaligen Heenan-Blaikie-Kollegen Pierre Marc Johnson.
Als ehemaliger Vorsitzender der Parti Québécois war Johnson 1985 kurzzeitig Premierminister von Québec. Derzeit ist er Chefunterhändler der Regierung von Québec für das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union.
“Herr Johnsons umfangreiches Wissen und seine Erfahrung werden für Container Scan von großem Nutzen sein, und wir fühlen uns geehrt, ihn an Bord zu haben”, schwärmte Bouchard in einem Schreiben, das im Dezember an die Investoren verschickt wurde. Johnson ist nicht finanziell an dem Unternehmen beteiligt.
Dem Beirat von Container Scan gehören eine Reihe weiterer Persönlichkeiten an, darunter J.C. Watts, ein ehemaliger Quarterback der Canadian Football League und US-Kongressabgeordneter. Nach Angaben des Unternehmens erwog Watts im vergangenen Jahr ein Angebot, Präsident von Container Scan zu werden, lehnte aber ab, nachdem ein Treffen in Memphis schlecht verlaufen war.
Bouchard war nicht glücklich über die Aussicht, Watts Bericht erstatten zu müssen und zu sehen, wie die Kontrolle über das Unternehmen auf Watts und Pool übergeht, behaupten Quellen. Sie verweisen auf E-Mails, die Bouchard angeblich an andere Insider des Unternehmens geschickt hat, darunter auch an dessen Gründer Louis Hamric. “Ich habe Ihnen gesagt, dass ich mich nicht vor ihnen verantworten will”, heißt es in einer E-Mail, die Bouchard im November an Hamric geschrieben haben soll. Die E-Mail wurde den Investoren des Unternehmens bei einem Treffen im letzten Monat in Memphis mitgeteilt.
James Lee Witt, ehemaliger Direktor der Federal Emergency Management Agency (FEMA), ist ein weiteres Mitglied des Container Scan-Beirats. Der pensionierte US-Armeegeneral und Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei von 2004, Wesley Clark, war ebenfalls ein Berater, bis er irgendwann im letzten Jahr aus dem Gremium austrat. Über einen Sprecher in Washington wollte Clark nicht erklären, warum oder wann er zurückgetreten ist. Weder Clark noch Witt oder Watts waren mit einem Interview für diese Geschichte einverstanden.
Im Februar schickte Bouchard eine weitere aufmunternde Nachricht an die Investoren, einen “Statusbericht”, in dem er behauptete, es gebe “unterzeichnete Verträge” mit den Regierungen von Vietnam und Somalia. Diese Verträge würden dem Unternehmen zweistellige Millionenbeträge einbringen, versprach er. Auch in der Republik Kongo, der Demokratischen Republik Kongo, Guinea und Ghana bestünden “unmittelbare Möglichkeiten”, schrieb Bouchard.
Alles, was nötig war, um die Geschäfte abzuschließen und das Geld fließen zu lassen, war die Lieferung der gepriesenen Scan-Maschinen von Container Scan, fügt er hinzu.
Aber es gab damals keine Maschinen, die man den Kunden hätte schicken können, und es gibt sie auch jetzt nicht. Es gibt nur einen einzigen Scanner-Prototyp, etwa so groß wie zwei Kleinwagen. Er ist in einem “Labor” im ländlichen Tennessee eingeschlossen, zusammen mit einem Computer und einem Drucker, der Grafiken und Diagramme für potenzielle neue Investoren ausspuckt, die zur Vorführung der Scanner kommen.
Für manche mag das beeindruckend aussehen, sagt ein Insider. Der Prototyp hat offenbar bestimmte Schmuggelware oder gefährliche Materialien identifiziert. “Aber”, so fügte dieselbe Quelle hinzu, “ich kann Ihnen nicht sagen, ob es ein funktionierendes Gerät war.”
Bouchard hörte vor einigen Wochen auf, für Container Scan zu arbeiten, etwa zu der Zeit, als Pools Klage gegen ihn und mehrere Mitangeklagte bei einem Gericht in Tennessee eingereicht wurde. Ende März reichte er eine Antwort auf die Klage ein, in der er alle Vorwürfe bestritt.
In einer Gegenklage behauptet Bouchard, Pool und zwei weitere Personen hätten ihn verleumdet und ihm “den Verlust seines guten Namens, seines Rufs und seines guten Rufs zugefügt”. Er weist darauf hin, dass er “seit vielen Jahren Beziehungen zu ausländischen Staatsoberhäuptern pflegt und früher mit dem ehemaligen kanadischen Premierminister Jean Chrétien zusammengearbeitet hat”.
Verweise auf Bouchards Beziehung zu Chrétien waren bei Unternehmenssitzungen häufig zu hören, erinnern sich Container Scan-Insider und Investoren. “Bouchards Beziehung zu Chrétien war ein wichtiger Teil seines Lebenslaufs”, sagt eine Person, die weder beteiligt ist noch in den Gerichtsakten genannt wird. “Zuerst waren wir begeistert (Bouchard auf der Gehaltsliste zu haben). Wir hatten das Gefühl, dass wir uns zurücklehnen und darauf warten würden, dass das Geld reinkommt.
Stattdessen ging das Geld zur Tür hinaus. Millionen von Dollar, die von privaten Investoren aufgebracht wurden, wurden für den Versuch ausgegeben, neue Kunden zu gewinnen, und Anfang 2016 war das Unternehmen Insidern zufolge finanziell am Ende. Die Leute fingen an, ihren jetsettenden internationalen Berater genauer unter die Lupe zu nehmen – und seine Vergangenheit.
Obwohl Bouchard sich bemühte, seinen Ruf zu bereinigen – er beauftragte 2014 und 2015 Internet-Beratungsunternehmen für deren Online-Reputationsmanagementdienste und schickte die Rechnungen an Container Scan – konnte er nicht alles auslöschen. “Das Desaster”, so ein Investor, “scheint ihn zu verfolgen.”
Im Jahr 2012, ein Jahr nach seinem Rücktritt bei Heenan Blaikie, bekannte sich Bouchard vor der Anwaltskammer von Québec schuldig, sieben Disziplinarverstöße begangen zu haben, die mit seiner Arbeit bei einer anderen Anwaltskanzlei in Montreal zusammenhängen.
Danach wurde er mit der World Sports Alliance (WSA) in Verbindung gebracht, einer seltsamen Organisation, die sich selbst als “öffentlich-private Partnerschaft zur Unterstützung der Millenniumsziele der Vereinten Nationen” bezeichnet. Sie wurde von Alain Lemieux geleitet, einem Kunstrasen-Impresario aus Sherbrooke, Queens, der in der WSA-Literatur als “Seine Exzellenz Botschafter” bezeichnet wurde.
Das WSA hatte keine offizielle UN-Zugehörigkeit, und Lemieux war kein Botschafter. Aber er hatte Ambitionen in Afrika und engagierte Bouchard, um dem WSA bei der Suche nach Geschäftsmöglichkeiten auf dem Kontinent zu helfen, einschließlich des Diamanten- und Nickelabbaus.
Bevor die Beziehung zwischen Bouchard und Lemieux 2013 in die Brüche ging, trafen sie sich mit Container Scan, um eine mögliche Geschäftsvereinbarung zu besprechen. Offenbar gefiel Bouchard, was er in Memphis sah. Er verließ die WSA und unterschrieb bei dem amerikanischen Unternehmen.
Stattdessen stellte er mehrere junge Männer ein, die gerade ihr Studium abgeschlossen hatten, um als leitende Angestellte von Container Scan zu fungieren; keiner von ihnen hatte irgendeinen Hintergrund oder technisches Fachwissen im Bereich der Scantechnologie. Hamric war großzügig mit seinen frischgebackenen Rekruten. Er kaufte ihnen maßgeschneiderte Anzüge und goldene Manschettenknöpfe als Willkommensgeschenke. Von ihnen wurde erwartet, dass sie sich als konservative Geschäftsleute präsentierten.
Ein Investor von Container Scan erklärte der National Post, warum Hamric in der Chefetage offenbar die Jugend der Erfahrung vorzog: “Junge Leute stellen nicht viele Fragen”.
Nicht jeder war begeistert, als Bouchard 2013 an Bord kam. Er war ein krasser Außenseiter, der bei einigen Leuten für Unmut sorgte. Sein monatliches Honorar von 25.000 Dollar war höher als das aller anderen Mitarbeiter des Unternehmens, und seine Reisekosten waren “extravagant”, wie ein Insider sagte.
Hamric starb im Januar nach längerer Krankheit und löste damit eine Nachfolgeschlacht bei Container Scan aus.
Bouchards selektiver Gebrauch des CEO-Titels vor und nach Hamrics Tod sorgte bei einigen für Verwirrung. Es war nicht allen klar, warum er sich selbst als Chef des Unternehmens darstellte, obwohl er es nicht war. Ein Anwalt, der Bouchard vertrat, erklärte diese Woche, dass sein Mandant “ein unabhängiger Unternehmer war. Er war befugt, den Titel CEO in einer begrenzten Kapazität und zur Glaubwürdigkeit im Umgang mit Parteien im Namen von Container Scan zu verwenden”.
Bouchard hat einem Interview für diese Geschichte nicht zugestimmt, aber er hat einige Fragen, die ihm die National Post per E-Mail gestellt hat, bereits beantwortet. Auf die Frage im letzten Jahr, ob er mit Hamric in Verbindung stehe oder zusammenarbeite, antwortete Bouchard mit “Nein”.
Firmeninsider halten das für absurd, da die beiden Männer häufig zusammen fotografiert wurden. Gelegentlich reisten sie auch gemeinsam.
Eine von Bouchards seltsamen Geschäften im Namen des Unternehmens betraf einen mysteriösen saudischen Geschäftsmann namens Dr. Abdalelah al Hammadi. Laut der gegen ihn eingereichten Klage unterzeichnete Bouchard 2014 ein “angebliches Joint Venture” mit dem wohlhabenden Saudi, der Container Scan 2 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen sollte, mit denen das Unternehmen “den Bau von Scannern finanzieren” sollte.
Der Haken an der Sache: Container Scan sollte al Hammadi und einem Partner “Abschlusskosten” in Höhe von 500.000 US-Dollar im Voraus zahlen, so die Gerichtsunterlagen. Eine weitere merkwürdige Bedingung war, dass “alle Reisekosten in der Business-Klasse, 4-Sterne-Hotels, alle Mahlzeiten und Hoteldienstleistungen durch ein offenes Gutscheinsystem bezahlt werden”, wie es in einem von Bouchard und al Hammadis Partner paraphierten und unterzeichneten Dokument heißt. Das Dokument ist der Beschwerde als Beweisstück beigefügt.
Einer der jungen Führungskräfte von Container Scan untersuchte die beiden angeblichen Investoren “und stellte fest, dass es sich um Betrüger handelte”, heißt es in der Beschwerde. “Obwohl es sich dem Anschein nach um einen Vorschussbetrug eines afrikanischen Prinzen handelte, unterzeichnete Herr Bouchard die Vereinbarung.
Die Vereinbarung wurde nie ausgeführt. Es ist nicht klar, ob Al Hammadi überhaupt existiert. Die National Post fragte Bouchard diese Woche, ob er al Hammadi jemals getroffen habe; er antwortete nicht auf die Frage, ebenso wenig wie sein Rechtsbeistand. Der Anwalt stellte fest, dass “weder Dr. al Hammadi noch sonst jemandem jemals Geld zur Verfügung gestellt oder geschickt wurde. Wir sind der Ansicht, dass diese Elemente in der Klage als irrelevant und zur Sensation gedacht dargestellt wurden”.
In der Klage von Pool wird weiter behauptet, dass Bouchard und zwei andere Container Scan-Investoren in jüngerer Zeit “sich verschworen haben, die (Scanner-)Technologie durch und über ein anderes Unternehmen zu vermarkten”. Bouchard hat dies ebenso wie seine Mitangeklagten bestritten.
In dem Bemühen, reinen Tisch zu machen und weitere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, trafen sich einige der 112 Investoren des Unternehmens Ende letzten Monats in einem Hotel in Memphis – ein Treffen, das auf Video aufgezeichnet und auf YouTube veröffentlicht wurde. Bouchard war nicht anwesend. Es kam zu einigen Auseinandersetzungen und Geschrei, und mindestens ein Investor stürmte fluchend aus dem Sitzungssaal.
Der Arzt für Haartransplantationen aus Arkansas, Dow Stough, von dem die Anwesenden erfuhren, dass er mehr als 300.000 US-Dollar in Container Scan investiert hat, übernahm das Podium. Er sagte, er habe die “weltverändernde Technologie” des Unternehmens persönlich in Saudi-Arabien vorgestellt, und zwar “dem König selbst”.
Stough sagte, sein Ziel sei es gewesen, “mit dem Königreich Saudi-Arabien voranzukommen und ihnen einen Scanner zu verkaufen”. Aber das Unternehmen sei “in interne Streitigkeiten verwickelt”.
Aus dem hinteren Teil des Sitzungssaals war ein weiterer Investor zu hören, der sich beschwerte. “Ich habe zwei Kriege mitgemacht und noch nie so einen Mist erlebt”, beschwerte er sich. “Ihr müsst euch alle zusammenreißen und eine Lösung finden. Ihr hört euch an wie ein Haufen Drittklässler.”
Die Sitzung endete damit, dass die Mehrheit beschloss, Pools Klage gegen Bouchard und die anderen Angeklagten nicht zu unterstützen. Aber der Fall wird trotzdem weiterverfolgt; ein Gerichtstermin ist für den 3. Mai angesetzt.
Zurück in Montreal sagte Johnson unterdessen, er habe gehört, dass Container Scan in Aufruhr sei. Ihm ist bekannt, dass der Gründer Hamric im Januar verstorben ist, aber er sagte, er habe nichts von der kriminellen Vergangenheit des Mannes gewusst, bis die National Post ihn letzte Woche darauf aufmerksam gemacht habe.
“Ich bin seit einigen Monaten Mitglied des Beirats dieser Gruppe, und ja, ich bin mir bewusst, dass es Spannungen zwischen einigen der Aktionäre gibt”, fügte Johnson hinzu.
Auf die Frage nach seiner Beziehung zu Jacques Bouchard sagte Johnson, er habe “genug davon”, und legte auf.